Mittwoch, 27. März 2019

Chancenlose Schüler*innen

In anderen Ländern funktioniert ein gemeinsamer Unterricht behinderter (und langsam lernender) und nicht behinderter und normal lernender Kinder. In Deutschland heißt es bei der Frage nach inklusivem Unterricht "Fehlanzeige!"

Warum geht es da nicht voran? Der politische Wille fehlt um die dafür erforderlichen Ressourcen bereitzustellen. Es fehlt die Bereitschaft, sich auch mal über die Widerstände der Lehrerschaft hiwegzusetzen. Es fehlt der Mut, die Eltern nicht betroffener Kinder, die eine Verschlechterung der Schulsituation für ihre Kinder befürchten, einzubeziehen.

Dann gibt es noch die Förderschullehrer*innen. Die haben keinerlei Interesse daran, dass das Förderschulsystem nicht erhalten bleibt. Denn für sie sind Förderschulen ebenfalls Schutzräume. Sie haben eine eigene Schule, kleine Klassen, viele Ressourcen und eine bessere Bezahlung – A13. Aus dieser sehr persönlichen Betrachtung heraus kann man verstehen, das diese "schönen Stellen" nicht wegfallen sollen.

Für die Regelschulen ist dieses Förderschulsystem auch vorteilhaft weil einfacher. Damit können sie schwierige oder lernschwächere Kinder an eine andere Schule abgeben.
Lernschwache Kinder stellen die hier die weitaus größte Gruppe dar. Früher hat man sie als „Lernbehinderte“bezeichnet, heute spricht man von „Lernbeeinträchtigung“. Mit einer Behinderung hat das alles jedoch nichts zu tun.
Es sind Kinder, die in ihrer Kindheit keine oder nur geringe Bildungserfahrung erleben, die aus bildungsfernen Elternhäusern stammen und / oder einen Migrationshintergrund aufweisen. Oft haben diese Kinder auch Verhaltensauffälligkeiten. Es geht also schlicht gesagt um schwierige Kinder, die eine besondere und intensive Betreuung und Förderung brauchen.

In beinahe allen anderen Staaten der Erde ist es selbstverständlich gehalten, dass diese Kinder gemeinsam in der allgemeinen Schule beschult werden.
Bei Bedarf erfolgt die Beschulung zeitweise unter Herausnahme aus ihrer Klasse oder durch andere geeignete Maßnahmen. Dies entspricht auch der Forderung der UN Behindertenrechtskonvention, die Deutschland unterzeichnet hat.

Trotzdem ist es in Deutschland alles anders: allgemeine Schulen sind nur verpflichtet, einem Leistungsversagen von Schülern*innen mit Hilfe von individuellen Fördermaßnahmen vorzubeugen.

Bleiben solche Maßnahmen ohne Erfolg (und das ist bei schwierigen Schülern unter diesen Bedingungen häufig der Fall), greift das System des „sonderpädagogischen Förderbedarfs“ ein.
Der Ablauf ist folgendermaßen: meist wird ohne Antrag der Eltern und auch schion mal gegen deren Willen ein sonderpädagogischer Förderbedarf nebst Förderschwerpunkt festgestellt.
Bei sogenannten lernschwachen Kindern ist das praktsich so gut wie immer der Förderschwerpunkt Lernen. Wobei niemand so recht weiß, was genau "lernschwache Kinder" sein sollen.

Diese Kinder werden nach einem eigenen Bildungsgang mit stark abgeschwächten Anforderungen unterrichtet. Dabei gibt es keine Versetzungen, Noten in der Regel auch nicht.
Aus dem Grund bekommen die Kinder am Ende der Schulzeit ein "besonderes" Zeugnis. Es entspricht keinem der sonst üblichen Schulzeugnisse in Deutschland und ist nicht einmal ein Hauptschulab-schluss. Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben diese Kindr praktisch gar keine!

Wenn sogenannte Lernhilfekinder dann auch noch in Förderschulen, und damit nicht inklusiv, beschult, gibt es für sie praktisch keinerlei Aussicht wieder in eine Regelschule zu kommen und einen normalen Schulabschluss zu machen.

Im Bundesland Hessen gibt es z.B. keinen bedingungslosen Anspruch auf inklusive Beschulung: jedes Kind kann gegen seinen Willen und den Willen seiner Eltern auf eine Förderschule überwiesen werden. Letztlich entscheidet das staatlichen Schulamt. Wer versucht, bei den Schulämtern zu erfragen, welche pädagogischen Erfolge Förde schulen aufzuweisen haben, erhält keine Auskunft. Denn es gibt keine.

Förderschullehrer*innen können auch nicht fudiert beantworten, weshalb Förderschulen Kinder mit Lernhilfebedarf nicht so weit fördern, dass sie wieder in eine Regelschule gehen können. Da bekommt man gesagt, dass das unrealistisch sei.
Warum aber ist das so? Was machen die Förderschulen dann den ganzen Tag mit unseren Kindern? Was genau ist dabei ihre Aufgabe? Kann es sein, das dort die Kinder, die man an den Regelschulen nicht haben möchte, bis zum Ende ihrer Schulzeit einfach nur verwahrt werden? Das ist zynisch und erbärmlich.