Sonntag, 21. September 2025

PV-Anlagen ohne Einspeisevergütung – lohnt sich das?

Die geplante Streichung der Einspeisevergütung für private PV-Anlagen wird viele Hausbesitzer und Installateure hart treffen.
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will die Einspeisevergütung für neue Photovoltaik-Anlagen kippen und bewegt sich dabei ganz auffällig in der Fehlertradition der Vorgängerregierung und ihrem unglücklichen angeblichen Verbot fossiler Heizungen.
Reiche verkündete das die Förderung für private Photovoltaik-Anlagen gestrichen werden müssten. Photovoltaik-Dachanlagen rechneten sich auch schon ohne die bisher zugesicherte Einspeisevergütung. Zudem liege ihr der Stromnetzausbau am Herzen, der dürfe nicht verteuert werden, was die Einspeisesperre für private PV-Dachanlagen notwendig mache.


Unsicherheit ist der Feind der Investitionen


Die Ampelregierung hatte bereits einige KfW-Förderungen eingestellt oder zur Disposition gestellt und so die Bedingungen bei der Energiesanierung unberechenbar gemacht. Als Folge sind die Sanierungszahlen im Bestand komplett eingebrochen.
Der Markt der Wärmepumpen kam fast zeitgleich nahezu zum Erliegen. Beim Neubau geht nur wenig voran, da kein Bauträger mehr in der Lage war (und ist), Bau- und Anlagenkosten abzuschätzen.
Seit eineinhalb Jahren schon schlingert die Branche der Gebäudebauer und Sanierer von einer Unwägbarkeit in die nächste. Was die Wirtschaft im Großen dank Trumps erratischer Zollpolitik erlebt, darf die lokale Wirtschaft aufgrund der Unsicherheiten der politischen Rahmenbedingungen hierzulande ausbaden.
Eine Kappung der Einspeisevergütung dürfte viele private Hausbesitzer zum Verzicht auf den Bau neuer Anlagen bringen und Installateure ihr Personal abbauen.
Schon jetzt kommt die PV-Technik und damit etwa 20 Prozent der Wertschöpfung bei Dach-PV-Anlagen aus China, wird man dann bei einer wieder steigenden Nachfrage auf ausländische Installateure zurückgreifen müssen.


Mehrwertsteuererlass für kleine PV-Anlagen steht auf der Kippe

Die Überlegungen der Wirtschaftsministerin unterschlagen zwei wichtige Dinge. Eine wirkliche Förderung von Solaranlagen gibt es de facto nicht, denn Immobilienbesitzern wird bei der Anschaffung nicht geholfen.
Nimmt jemand einen Kredit für seine geplante PV-Anlage auf, um seine rund 20.000 Euro teure Einfamilienhausanlage zu kaufen, erhält er zwar einen KfW-Kredit, doch wirklich günstig ist dessen Zinssatz mit rund 3,25 Prozent nicht. Zu gleichen Konditionen bekommt er aktuell auch einen Kredit bei seiner Hausbank.
Wer seine Photovoltaik-Anlage direkt und ohne Kredit bezahlt, erhält in den meisten Fällen keinerlei Zuschüsse, weil viele Länder und Kommunen ihre Förderprogramme inzwischen wieder eingestampft haben.
Käufer bekommen aktuell nur die Mehrwertsteuer erlassen, zahlen aber den vollen Anlagenpreis. 
Der Mehrwertsteuererlass für kleine PV-Anlagen stand in direktem Zusammenhang mit der politisch gewünschten Investition in dezentrale PV.

Wenn die Ministerin feststellt, dass sich der Betrieb über den eingesparten Stromverbrauch schon heute rechnet, gilt dies nur für Eigenheimbesitzer und Selbstverbraucher auf die Dauer von etwa 20 Jahren. Für Mehrfamilienhausbesitzer und Vermieter gilt diese Rechnung nicht und warum sollten sie jetzt ihre Immobilien ebenfalls mit Photovoltaik-Anlagen ausstatten, wenn nur der Mieter von der Stromproduktion profitiert, aber nicht der Hausbesitzer selbst.
Für Eigentümer war die Einspeisevergütung bisher wenigstens ein kleiner Anreiz. Eine Belohnung für jene Phasen, in denen die Anlage mehr Strom produziert, als die Hausbewohner über den Konsum abnehmen.

Netztrennung bei optimierter Kombination von PV und Speicher

Während Eigenheimbesitzer eine Lösung des Problems in Form eines PV-Speichers und einem intelligenten Stromverbrauchsmanagement im eigenen Haushalt finden können, bleibt dieser Ansatz den Mietern verwehrt, die auf das bestehende öffentliche Netz angewiesen bleiben.
Dessen Kosten werden auf die verbleibenden Nutzer umgelegt und auch ohne weiteren Netzausbau steigen, wenn sich immer mehr Eigenheimbesitzer auf eine eigene netzunabhängige Stromversorgung stützen und sich dann zusätzlich noch mit ihren Nachbarn zusammentun können, um die Eigenversorgung zu optimieren.
In Österreich ist das Energy Sharing mit der Nachbarschaft seit 2017 problemlos möglich. In Deutschland soll es nächstes Jahr kommen, falls sich die Vorgaben bis 2026 nicht wieder geändert haben.

Speicher könnten auch von den Verteilnetzbetreibern im öffentlichen Netz eingerichtet werden und die Differenz zwischen billigem Strom zur Mittagszeit, wenn kaum ein Eigenheimbesitzer zu Hause ist, und der Dämmerungszeit, wenn alle nach Hause kommen, als Verdienst erwirtschaften.

Aber weil diese das Hochrüsten ihrer Anlagen offenbar zu gemütlich planen, droht die Ministerin jetzt, die Einspeisung der privat finanzierten Klein-PV-Anlagen zu kappen, statt den Verteilnetzbetreibern endlich Beine zu machen und mehr Speicher zu schaffen.


Die Endverbraucher müssen auf sich aufmerksam machen

Die Bürger können die Energiewende durchaus selbst in die Hand nehmen, wenn sie nicht auf die verschlafene Bundespolitik warten wollen. Mit einer dezentralen, bürgergetragenen Energieversorgung können wir unsere Energie in die eigene Hand nehmen und die Abhängigkeit von großen Konzernen und fossilen Brennstoffen verringern. Doch dazu brauchen wir klare politische Rahmenbedingungen und echte Unterstützung für Bürgerenergie-Initiativen.

Zu viel grüner Strom?

Die Sorge um Netzinstabilität ist unbegründet.

Es ist 2045, der Weltuntergang ist ausgeblieben. Keine dystopischen Staubstürme, keine Gaskraftwerk-Landschaften – stattdessen: vollelektrifizierte Städte, grün und blühend. Flirrende Solarmodule auf jedem Dach, Hausfassaden aus Algenbeton, leises Surren autonomer Elektroautos, ein Hauch weht aus der Wärmepumpe im Vorgarten. Die nächste Energiekrise? Ist einfach ausgeblieben.

Wir müssen nicht bis 2045 warten, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Sonne und Wind liefern schon heute zuverlässig Energie: geräuschlos, emissionsfrei, unaufhörlich. In nur zwei Minuten strahlt die Sonne so viel Energie auf die Erde, wie die Menschheit in einem Jahr verbraucht. Doch dieses Potenzial entfaltet sich nur, wenn wir es intelligent speichern, steuern und nutzen.

Dafür braucht es eine zukunftsgerichtete Politik. Stattdessen erleben wir eine Rolle rückwärts: Die Bundesregierung plant neue Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt Leistung, finanziert von der Allgemeinheit. Die Begründung: Zu viel grüner Strom gefährde angeblich die Netzstabilität. Das ist, als würde man eine kostenlose, sprudelnde Wasserquelle entdecken – und dann aus Angst vor „zu viel sauberem Wasser“ den Hahn zudrehen.
Sonne und Wind liefern genug Strom – die Kunst ist, ihn intelligent zu speichern und zu nutzen. 


Es fehlt die Flexibilität im Netz

Tatsächlich müssen wir keine Dunkelflaute fürchten, wenn wir den Ausbau Erneuerbarer konsequent vorantreiben. Sonne und Wind ergänzen sich oft antizyklisch. Die grösste Herausforderung ist nicht die Strommenge, sondern der Umgang mit schwankender Einspeisung. Was fehlt, ist Flexibilität im Netz. Aktuell macht es preislich kaum einen Unterschied, ob Strom bei Überangebot oder Knappheit eingespeist oder verbraucht wird. Denn viele Stromtarife und Einspeisevergütungen sind noch starr. Sie folgen nicht dem tatsächlichen Angebot und Bedarf.

    Die Herausforderung ist nicht die Strommenge, sondern die schwankende Einspeisung.

Dabei gibt es Fortschritte: In den letzten zwei Jahren ist die Kapazität von Stromspeichern in Deutschland um 150 Prozent gestiegen. Zwei Millionen Haushalte verfügen über einen Heimspeicher, also Batterien, die Sonnenstrom zwischenspeichern. Doch viele davon werden nicht intelligent genutzt. Ihr Potenzial liegt brach, obwohl sie helfen könnten, das Netz zu entlasten.

Ein Schlüssel dafür können Smart Meter sein. Diese intelligenten Stromzähler vernetzen Solaranlagen, Speicher, Wärmepumpen, E-Autos und Haushaltsgeräte – und passen den Verbrauch automatisch an Angebot und Preis an. Doch nur etwa zwei Prozent der Haushalte in Deutschland sind damit ausgestattet. In Italien hingegen besitzt fast jeder Haushalt einen Smart Meter. Dort begann die Einführung schon in den frühen 2000er-Jahren.
Die Zeit drängt. Die Elektrifizierung nimmt Fahrt auf: Wärmepumpen ersetzen Gasheizungen, E-Autos den Verbrenner, selbst Industrieprozesse laufen zunehmend elektrisch. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wird Strom zur zentralen Energieform: sauber, effizient und steuerbar.