Die Sorge um Netzinstabilität ist unbegründet.
Wir schreiben das Jahr 2045, der Weltuntergang ist ausgeblieben. Keine Gaskraftwerk-Landschaften, keine dystopischen Staubstürme, stattdessen: voll elektrifizierte Städte, Blühend und grün. Überall flirrende Solarmodule auf jedem Dach und teilweise an Fassaden. Hausfassaden aus Algenbeton, leises Surren autonomer Elektroautos. Aus der Wärmepumpe im Vorgarten weht ein Hauch. Die nächste Energiekrise ist einfach ausgeblieben.
Tatsächlich müssten wir nicht bis 2045 warten. Diese Vision können wir bereits jetzt Wirklichkeit lassen. Schon lange liefern Sonne und Wind zuverlässig Energie: geräuschlos, emissionsfrei, ohne Unterbrechung. Die Sonne strahlt in gerade mal zwei Minuten so viel Energie auf die Erde, wie die gesamte Menschheit in einem Jahr verbraucht. Wir müssen dieses Potenzial nur nutzen, indem wir es intelligent steuern, speichern, und nutzen.
Wir brauchen dafür eine in die Zukunft ausgerichtete Politik. Doch stattdessen erleben wir gerade die X-te Rolle rückwärts: Die Bundesregierung plant bis zu 70 neue Gaskraftwerke mit 20 Gigawatt Leistung, finanziert von der Allgemeinheit, also von uns allen. Die absurde Begründung: zu viel grüner Strom gefährdet angeblich die Netzstabilität. Das ist, als würde man mmit Flusswasser kostenlos angetriebene Turbinen abschalten, aus Angst vor „zu viel sauberer Wasserenergie“. Sonne und Wind können uns genug Strom liefern – die Kunst ist, ihn intelligent steuern, speichern und nutzen.
Es fehlt die Flexibilität im Netz
Wir müssen keine Dunkelflaute fürchten, wenn wir den Ausbau Erneuerbarer konsequent vorantreiben. Sonne und Wind ergänzen sich meist antizyklisch. Die Strommenge ist nicht die größte Herausforderung. Das ist vor allem der Umgang mit schwankender Einspeisung. Was fehlt, ist Flexibilität im Netz. Preislich macht es zur Zeit kaum einen Unterschied, ob Strom bei Überangebot oder Knappheit eingespeist oder verbraucht wird. Die meisten Stromtarife und Einspeisever-gütungen sind noch starr. Sie folgen nicht dem tatsächlichen Angebot und Bedarf.
Die Herausforderung ist die schwankende Einspeisung.
Doch in den letzten zwei Jahren gab es Fortschritte: Die Kapazität von Stromspeichern ist in Deutschland um 150 Prozent gestiegen. Gut zwei Millionen Haushalte verfügen über einen Heimspeicher, die Sonnenstrom zwischenspeichern. Doch viele davon werden nicht intelligent genutzt. Ihr Potenzial liegt brach, obwohl sie helfen könnten, das Netz zu entlasten.
Ein Schlüssel dafür sind Smart Meter. Mit diesen intelligenten Stromzählern können wir Solaranlagen, Speicher, Wärmepumpen, E-Autos und Haushaltsgeräte vernetzen – und passen den Verbrauch automatisch an Angebot und Preis an.
Aktuell sind aber nur etwa zwei Prozent der Haushalte in Deutschland damit ausgestattet. In Italien hingegen besitzt fast jeder Haushalt einen Smart Meter. Dort begann die Einführung schon in den frühen 2000er-Jahren.
Die Zeit drängt. Die Elektrifizierung nimmt Fahrt auf: Wärmepumpen ersetzen Gasheizungen, E-Autos den Verbrenner, selbst Industrieprozesse laufen zunehmend elektrisch. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wird Strom zur zentralen Energieform: sauber, effizient und steuerbar.
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