Freitag, 23. Juli 2021

Industrie gegen Hochwasserschutz

 Der bundesweite Raumordnungsplan für den Hochwasserschutz wurde vergangene Woche  beschlossen. Das klingt zäh, nach den katastrophalen Geschehnissen in Rheinland-Pfalz und NRW hat er aber eine große Bedeutung: der neue Plan soll „zum Schutz der Menschen und Umwelt entlang unserer Gewässer“ dienen, wie es darin heisst.
„Anlagen von nationaler und europäischer Bedeutung“ sollen so besser geschützt werden, wenn es wieder zu extremen Hochwasser kommt. Auch Strom, Mobilfunk, Straßen- und Bahnnetze sollen so eine Naturkatastrophe durchhalten können.

Klingt gut, ist aber ein zahnloser Tiger geworden. Das Vorhaben wurde schon in der Entstehung vom Bundesland NRW, vor allem aber von der Industrie, massiv bekämpft. Der Bundesverband der Deutschen Industrie befürchtete "massive negative Auswirkungen auf die Entwicklung und das Fortbestehen des Wirtschaftsstandorts Deutschland",  der Verband der chemischen Industrie bezeichnete den Entwurf im Mai als "nicht erforderlich und zielführend", beide lehnten ihn ab.
Die Verbände waren damit erfolgreich: so werden Betriebe im Plan nicht mehr genannt, die unter die Industrieemissions- sowie die sogenannte Seveso-III-Richtlinie fallen. Ausgerechnet die Firmen, die hoch-gefährliche Stoffe einsetzen, die, wie gerade erlebt, bei Unwetterkatastrophen schwerste Schäden für Mensch und Umwelt verursachen. Zusätzlich gibt es erhebliche Ausnahmen in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten, die für Übertragungsstromnetze gelten, obwohl die zur kritischen Infrastruktur gehören. Das zuständige NRW-Ministerium sah für den Plan „keine ausreichende Veranlassung“ und konnte „keinen Mehrwert“ erkennen.

Ich meine: deutlicher und perfider kann Lobbyismus nicht sein. Hier wird der Schutz von Menschen und deren Hab und Gut auf dem Altar der Industrieinteressen geopfert. Wir brauchen dringend ein wirksames Transparenzgesetz.

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