Dienstag, 18. April 2023

Benachteiligung ambulanter Pflegealternativen

 Im Rahmen der kürzlich vorgelegten Pläne für ein Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) werden ambulante und alternative Formen der Pflege benachteiligt.
Zu begrüßen ist die Entlastung bei den Eigenanteilen in der stationären Pflege. Falsch ist aber, dass diese Entlastung nicht für den ambulanten Bereich gilt. Aktuell berichten die ersten ambulant betreuten Pflegewohngemeinschaften von Angehörigen, die sich jetzt lieber für das stationäre Angebot entscheiden. Außerdem sind erste Fälle aufgetreten, bei denen Sozialhilfeträger im Bedarfsfall die Kosten für ambulante Pflegewohngemeinschaften im Vergleich zu stationären Einrichtungen als unverhältnismäßig einstufen und eine Finanzierung infrage stellen. In der Folge werden sich lokale Initiativen, Dienstleistende und Kommunen aus geplanten WG-Projekten zurückziehen, weil sie das finanzielle Risiko nicht tragen können. Dann wird sich ein Wohnangebot entwickelt, das in Zukunft primär Menschen mit höherem Einkommen vorbehalten bleibt.
Ich halte eine solche Entwicklung angesichts der enorm gewachsenen Pflegeaufgaben nicht für zielführend. Wir brauchen statt dessen eine Vereinfachung und Flexibilisierung des Leistungsrechts. Eine sektorenübergreifende Versorgung in Kombination mit einer auf den pflegebürftigen Menschen konzentrierten Qualitätssicherung wird einer am individuellen Bedarf orientierten Versorgung am nächsten kommen. Damit können auch langwierige Diskussions- und Anpassungsprozesse zur Einordnung, Abgrenzung und Gleichberechtigung der Leistungsansprüche in unterschiedlichen Wohnformen vermieden werden. Denn das erschwert bislang in der Regel die Entwicklung und Verbreitung neuer Wohn- und Versorgungsformen.
Mit dem vorliegenden Entwurf wird die schon bestehende bevorzugte Behandlung stationärer Pflegeformen weiter gestärkt. Ein selbstbestimmtes Leben im Pflegefall wird damit immer stärker behindert. Für die ambulante Pflege sollte ebenfalls der Grundsatz "Ambulant vor Stationär" gelten.

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